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2013 - damals... der Franzose wurde 25... der Chef erzählt aus dem Nähkästchen ;-)

25 Jahre der Franzose - 2013„Ich heiße Ansgar Olberding, bin 1966 geboren, ein Kind der Achtziger."

Groß geworden in einer Zeit, als es noch keine Medienflut gab. Es war die Zeit, als Jugendliche sich in Popper, Punks und Normalos unterschieden. Alles war gut, bloß nicht zu angepasst oder spießig sein, das war wichtig. So habe ich nach meiner Lehre als Kfz-Mechaniker sofort gesagt: Niemals wieder was mit Autos und erst recht nicht mit spießigen Mercedes, Opel, Ford oder VW.
So war das erste Auto ein Fiat 500, danach folgten sehr schnell drei Enten für 300 Mark, Citroën DS und Peugeot 204 Cabrio. Derweil wurde ausprobiert, welcher Beruf denn wohl Spaß machten würde. 

Also angefangen im Motorradladen Kaufmann zu lernen. Parallel wuchs aber schon der Bestand an französischen Fahrzeugen, sodass bereits mit 20 Jahren ein ganzer Hühnerstall gefüllt war mit eher schlecht erhaltenen französischen Gebrauchtwagen. Und es wurden die ersten Autos restauriert und nicht nur über den TÜV geschweißt. Hin und wieder wurde auch schon mal nach einen gebrauchten Ersatzteil gefragt.

Schnell stellte ich fest, dass Kaufmann auch nicht das Wahre ist, und so wurde noch Büroinformationselektroniker gelernt. Danach habe ich als Medizintechniker für ein amerikanisches Unternehmen gearbeitet. Alles dies war aber nicht wirklich das Tolle, was mir Spaß machte. Jung, ungebunden, nicht wirklich angepasst, fällt es wesentlicher einfacher, alles hinzuschmeißen und mal was ganz anderes zu machen. Ich konnte nichts richtig gut (kann ich immer noch nicht), aber fast überall mitreden, und es stellte sich heraus, dass irgendwas mit alten Autos cool wäre. Ansgar Olberding 1982

Die ersten Oldtimer-Zeitschriften waren nun auch schon seit ein paar Jahren auf den Markt, und so ergab es sich, dass ich den Laden von Rainer Braunwald übernehmen konnte. Der hatte zwar nie wirklich Gewinn gemacht, aber ich besuchte ihn seit 1989 regelmäßig, da wir die gleichen Interessen hatten. Das Problem waren die 13.000 Mark Kaufpreis, denn die Bank gab mir aufstrebendem 27-Jährigen nichts. Also irgendwie die Kohle aufgetrieben, alles in einen Transporter gepackt und zu mir nach Hause auf den WG-Bauernhof gebracht. Nach Diskussionen mit dem Mitbewohnern konnte die Doppelgarage genutzt werden.

So, los ging's . Was sich einfach anhört, war gar nicht einfach. Aber Spaß hat es gemacht. Ich konnte mir vorstellen, dass ich meinen Traumberuf gefunden hatte. Und meine damalige Freundin, jetzt meine Ehefrau, fand das auch cool. Wir beide fanden das so cool, dass wir kurze Zeit später ohne Arbeitsstelle dastanden. Also ohne jegliche finanzielle Sicherheit, und die Banken gaben uns immer noch sehr deutlich zu verstehen, dass man eigentlich gar nicht so doof sein kann, die Jobs aufzugeben, um ein Ententeilehandel zu gründen, der dann natürlich nicht kreditwürdig ist.

Aber irgendwie ging es. Den Hühnerstall mit alten Franzosen aufgelöst, und das Geld in die Firma
gesteckt. Nach einem Jahr befand sich die Firma auch nicht mehr in der WG, sondern jetzt sollte sie eine richtige Firma werden. Zugute kam uns, dass ich ja Büroinformationselektroniker gelernt hatte und schon was übers Internet und Scannen wusste. Das Internet war zwar noch komplett in Kinderschuhen, aber wir hatten schon 1996 einen Internetauftritt. Alle Mitbewerber schüttelten mit den Köpfen, was denn der neumodische Kram denn bringen soll. Na ja, heute sind wir schlauer. Im Jahr 2005 haben wir dann unsere eigene Hausmesse eingeführt, die bis heute mit sehr hohen Zulauf immer am dritten Wochenende im September stattfindet.

Was waren die größten Fehler in der Selbstständigkeit? 
Zu viel zu wollen, in zu kürzer Zeit. Den geraden Weg zu verlassen, und mal dies und jenes links und rechts des Kerngeschäftes probieren. Das hat sehr viel Lehrgeld gekostet. Aber der größte Fehler war, dass wir zu spät angefangen sind, gute Mitarbeiter einzustellen. Wir würden uns auch wieder selbstständig machen, da man ja heute viel schlauer ist. Und wenn die ersten zehn Jahre nicht wären.
Was waren die größten Hürden? 
Loszulassen und Arbeiten den Angestellten zu übertragen. Mit Fehlern von uns und den Angestellten umgehen können. Anpassen der Firma an den stetig wachsenden Umsatz. Fast kein Kredit von den Banken, wofür ich heute allerdings sehr dankbar bin. So haben wir gelernt, so zu wirtschaften, dass wir keine Bank benötigen.

Das Resultat: Heute ist es perfekt. Wir haben tolle Mitarbeiter, jede Menge Aufträge und wir leisten
uns den größten Luxus, den man haben kann: Zeit. Pünktlich Feierabend, eine Stunde Mittag ohne Telefon und Mail, am Wochenende ist frei. Wir dachten das geht niemals – doch es geht, und es macht den Kopf frei. Und mit freien Kopf ist man viel erfolgreicher. Unsere Mitarbeiter können gut ohne uns auskommen (wir aber nicht ohne Sie!), und wir genießen die Ausfahrt mit der Ente, ohne Handy, Facebook, Twitter.

Was mich etwas stört, ist, dass ich eigentlich nur noch Vollkaufmann bin und Organisator. Aber in
letzter Zeit stehle ich mich immer öfter davon, um in Gitterboxen mit aufgekauften Ersatzteilen zu
stöbern, herauszufinden, was es ist und ins System zu bringen. Es freuen sich bestimmt wieder einige liebe Kunden über die Rarität, die wieder aufgetaucht ist. Außerdem finde ich es sehr spannend, aus die verschiedenen Mentalitäten unseres internationalen Teams zu beobachten und daraus zu lernen. Das ist wirklich spannend, und man lernt Sachen, über die man nie nachgedacht hätte. Die man dann natürlich wieder für den Export einsetzen kann. Außerdem arbeiten wir immer nach dem Motto: Wenn man dauerhaft gute Geschäfte machen will, da melke die Kuh, aber schlachte sie nicht. Also gewissenhaft mit Kunden umgehen. Außerdem gebe nur so viel Geld aus, wie Du hast. Dann redet Dir keiner rein.

Und sonst? Ich genieße die Zeit nun mit Ende 40. Man ist viel schlauer und erfahrener geworden und sieht auch vieles relaxter. Die Arbeit macht Spaß, man gönnt sich Zeit für einen Kaffee auf der Veranda und spielt mit dem Hund. Die wieder zahlreichen Oldtimer stehen in der heimischen Werkstatt und warten auf eine Ausfahrt. Man entscheidet, welche ach so wichtigen digitalen Medien wichtig sind oder nicht und lässt sich nicht von anderen treiben. Beruflich machen wir uns keine Sorgen, solange die Elektronik so schnell weiterentwickelt wird, entscheiden sich immer mehr Leute für Wertigkeit und Entschleunigung. 

Vor drei Jahren habe ich das Lesen von Autozeitschriften für moderne Fahrzeuge eingestellt. Für „Computer mit Rädern“ interessiere ich mich nun wirklich nicht. Wenn eines Tages die EU beschließen sollte, dass an neuen Autos kein Markenemblem mehr sein darf und kein Schriftzug, dann suchen Tausende von Leute den eigenen fahrbaren Computer auf dem Supermarktparkplatz.

Und ich setze mich in die Ente und lasse die anderen suchen, da sie ihr Auto nicht mehr erkennen.

(C) Der Franzose Automobiltechnik GmbH 11/2013