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Mit 21PS zum Nordkap - eine Lebenserfahrung mit Ansgar Olberding

Mit 21PS zu den Lofoten-Nordkap
2CV Kreisverkehr 2CV in A 2CV Polarkreis
 
Mit 21PS zum Nordkap - eine Lebenserfahrung mit Ansgar Olberding
Ein Versprechen ist ein Versprechen. So habe ich es vor langer Zeit mal gelernt. Und danach lebe ich. Genauso wie nach dem Motto „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss“. Ein echtes Macho-Motto – aber wahr! Oder doch nicht multo macho?? Wie auch immer - bilden Sie sich Ihre eigene Meinung darüber. Warum ich das schreibe? Es ist schon einige Jahre her - ich war Mitte Dreißig -, als ich mir selber ein Versprechen gegeben habe, nämlich: Spätestens wenn du 50 bist, musst Du mit einem Oldtimer am Polarkreis gewesen sein.

So war das, und ich erinnerte mich alljährlichwieder daran, während die Jahre des Lebens dahinzogen. „Nächstes Jahr ganz sicher, bestimmt nächstes Jahr“. Doch blieb es zunächst dabei - demnächst, ich muss erst noch eben dies machen und das: Sie kennen das! Dann schrieben wir auf einmal schon dasJahr 2014, mein 48ster Geburtstagstand an, und so langsam wurde esZeit, mein Versprechen einzulösen und die Reise anzugehen. Im Kopf noch immer jung, dachte ich mir: Die Tour kannst Du ja mal mit einem Oldtimer-Wohnmobil oder etwas in der Art machen. Wie der Zufall es wollte, fuhr mir ein paar Tage später ein Citroen HY als Wohnmobil über den Weg. Gekauft, repariert und vorbereitet, wartete er auf die große Aufgabe. Das war eine meiner leichteren Übungen. Aber nun galt es, meine Ehefrau von dem unauflösbaren wundervollen Zusammenhang von HY und Polarkreis zu überzeugen...
Auch wenn meine liebe Frau viele meiner Macken, gelegentlich stirnrunzelnd, akzeptiert, hier war ihre Aussage knallhart: „Im Wohnmobil mache ich die Reise nicht, wir sind keine 30 mehr“. In Anbetracht meiner Bandscheiben, eigener Komfortwünsche und der Tatsache, dass meine Liebste schlicht Recht hatte, sah ich meinen großen Traum ins Nirwana entweichen, bis, ja bis meine liebe Frau urplötzlich folgenden Vorschlag machte: Wir nehmen die Ente und übernachten in Hotels. Verdammt, dazu hätte ich Bock, aber 21 PS, Gebirge und 3.000km? Dazu jede Menge Gepäck und immer noch 21 PS? Ich hätte mich nicht getraut das vorzuschlagen, und deshalb willigte ich sofort ein, bevor sie das Ganze nochmal überdachte....

Ich war ja schon mal in Norwegen gewesen, mein Schatz bisher nur in Schweden, desahlb wusste ich, was sie nicht wusste: Schweden, ab und zu etwas hügelig oder bergig, sonst meistens flach.
Norwegen: ab und zu mal flach, aber eher ganz, ganz selten, weil überwiegend gebirgig. In den nächsten Wochen tüftelte ich eine Strecke aus, buchte Hotels und Schiffspassagen. 2016 sollte es los gehen, denn Ende 2016 würde ich fünfzig werden. Zu beachten hatte ich auch noch den Zeitraum: Sommerurlaub? Für uns eher nicht, die Mitarbeiter haben Vorrang. Herbst? Hm, kann verdammt ungemütlich werden. Also Frühsommer. Aber: DieFußball- Europameisterschaft stand an, und da meine Frau die unbedingt sehen wollte (ehrlich, keine Lüge!), mussten wir am 10.Juni wieder zuhause sein.
Und das war nun der Plan:
Fahrzeug: Citroen 2CV4 (Madame) mit 21PS. Baujahr 1973.
Strecke: Nach Kiel fahren, dann per Fähre nach Oslo, von Oslo auf zwei Achsen zum Polarkreis, dann weiter zu den Lofoten. Von dort per Hurtigruten (Verschnaufpause für Madame!) zurück nach Bergen. Per Auto nach Oslo und dann mit der Fähre nach Kiel. Fertig. Ausschiffung: 10.06.2016, 10.00 Uhr. Abends fängt die Europameisterschaftan. Ganz ehrlich, meine Herren: Ich weiß nicht wie sie es hinbekommen hat, aber meine Frau hielt sich strikt an die Anweisung: 21 PS, also nur leichtes Gepäck oder bergauf aussteigen und schieben. Auch ich hatte erstaunlich wenig eingepackt, wenn ich bedenke, was ich sonst so mitschleppe, wenn ich nur 2-3 Tage auf Messebesuch bin.
Im Vorfeld erledigte ich noch eine große Enteninspektion, zog neue Reifen auf, natürlich Michelin, und packte ein paar Ersatzteile und Werkzeug in die Reserveradmulde. Endlich war es so weit, es konnte losgehen! Wenn Sie jetzt denken, ach, der Arme will nur neumodisch entschleunigen, mal Abstand vom ganzen digitalen Wahnsinn, dann, ganz offen gesagt, irren Sie sich gewaltig: Ich entschleunige schon seit Jahren, und zuhause komme ich sogar ganz ohne Handyempfang aus. Nein, wir beide hatten einfach mal wieder Lust, etwas Verrücktes zu machen. Nur so, weil es Spaß macht. Das ist tatsächlich möglich!
Also, jetzt geht`s endlich los: 300 km bis nach Kiel. Kein Problem, Windschatten von einem LKW gesucht und ab geht‘s. Denkste! Versuchen Sie mal, in so einen Windschatten zukommen, wenn die Ente - Wind, Gepäck und Ersatzteile sind schuld! - nicht schneller als 85km/h läuft! Aber letztlich klappte das doch sehr gut, und in unserem Windschatten hatten sich erstaunlich viele LKWs angesaugt.
Ab auf die Fähre - die 2CV-begeisterten Fährmänner hatten für Madame sogar extra einen besonders schönen Platz gesucht -, übernachten, frühstücken, ausschiffen: Oslo. Ich war vor Jahren mal mit dem Jeep hier, im Winter, zu einem Rammstein-Konzert. Die Steigung direkt nach der Fähre war in meiner Erinnerung ganz easy. Aber nun mit der Ente: 3. Gang, 62km/h, derMotor quält sich. Nur noch 2 Tunnel mit Steigung(7%), und wir haben die ersten 8 km geschafft. Schon nach weiteren 500 Metern müssen wir in den 2. Gang runterschalten, Tempo 30 km/h. Mist, das kann ja heiter werden, wir haben noch 2000 km vor uns...
Nun, ich will hier keinen Reisebericht schreiben. Aber so viel will ich doch noch verraten: Diese Reise war für uns das tollste, was wir seit Jahren erlebt haben: Die Hotels fast alle super, auf wirklich jedem Parkplatz saubere Toiletten, selbst dort, wo man kein menschliches Leben mehr vermutet. Keine Probleme mit der 2CV - und die musste sich wirklich quälen: Chapeau, Madame! Überall wurde die Ente begeistert aufgenommen. So wurden uns von einigen Hotels Sonderparkplätze eingeräumt, und Bauarbeiter stellten ihre Schaufeln beiseite und winkten uns zu, als wir mal wieder 11°Steigung zu erklimmen hatten. Über der Baumgrenze funkelte Madame wie ein Rubin zwischen den Eis- und Schneemassen. Am Polarkreis war es 20° warm, aber es lag Schnee. An fast allen Tagen schien die Sonne, sodass wir offen fahren konnten. Mit den Hurtigruten durften wir die gewaltige Natur vom Wasser aus genießen, während Madame sich im Bauch mit dem Range Rover links und dem Porsche rechts vergnügte...
All diese Erlebnisse, die extremen Steigungen, die Fjorde, das Fahren, das gute Gefühl, wenn unsere 2CV wieder mal einen der vielen hundert Berge erfolgreich bezwungen hatte, das leckere Essen abends, die Mitternachtssonne, die Museen, die Landschaft, das Gefühl, mutterseelenallein zu sein, das gemeinsame Erleben mit meiner Frau, Madame, die einfach funktionierte, die netten Leute, der Schnee, der Polarkreis, die vielen sonntäglich ausfahrenden Oldtimer, die Wasserfälle, all das vermittelte uns das sichere Gefühl, dass man sowas einfach einmal machen muss. Erst Recht mit einem Oldtimer. Und alles mit Karte, ohne Navigationssytem. Dann nämlich wird das Autowandern zu einem einmaligen Erlebnis. Das sollten Sie sich auch mal gönnen!
Stephanie und Ansgar Olberding
Ente-mit-Stockfisch
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2CV Polarkreis
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2CV 2CV-AO-Lofoten-Polarkreisreise-2017